REISEBERICHTE
Mit unseren Kooperationspartnern in den jeweiligen Ländern pflegen wir ein freundschaftliches und herzliches Verhältnis.
Über die Eindrücke und Erlebnisse unserer Reisen schreiben wir Berichte, die wir gerne hier veröffentlichen.
Hier können Sie in chronologischer Reihenfolge über unsere Reisen lesen.
Dokumentarfilm Sommer 2023 - Greta besucht Elena und ihre Tiere in Tula
Im Sommer 2023 ist unsere Greta die weite Reise nach Russland angetreten, um sich dort zusammen mit Lisa, die uns tatkräftig aus Moskau unterstützt, auf den Weg nach Tula zu machen.
Es war eine sehr emotionale Reise, geprägt von Tränen, Schmerz, aber auch so viel Hoffnung, Freude und Dankbarkeit. Von dieser Reise ist nun ein kleiner Dokumentarfilm entstanden, um euch unser Herzensprojekt Tula noch ein wenig näher zu bringen.
Es ist ein Film, der sachlich und ehrlich über diesen kleinen Shelter irgendwo im Nirgendwo berichten soll. Bewusst haben wir Ihnen darin, einfach die Fakten und Tatsachen aus Tula präsentiert. Denn eine transparente Vorgehensweise ist uns ein großes Anliegen und das Fundament für unsere Tierschutzarbeit.
In diesem Film erhalten Sie Einblicke über die Entstehung des Tierheimes. Wir schildern Ihnen das Leben im Shelter und zeigen Ihnen wahrhaft die Herausvorderungen, denen sich Elena und ihre Tiere tagtäglich stellen müssen. Dabei lernen Sie einige der liebenswerten Tiere, die vor Ort leben, kennen. Ebenso zeigen wir Ihnen die vielen großartigen und wundervollen Fortschritte, die Dank der Pfotenvermittlung und besonders Dank IHNEN- unseren großartigen Unterstützerinnen und Unterstützer – bereits erreicht wurden! Ja, es ist ein Dokumentarfilm, der uns beim Anschauen so manches Mal zu Tränen gerührt hat – sei es vor Traurigkeit oder vor Glück.
Liebe Freunde und Unterstützer! Wir hoffen, Ihnen mit diesem Film, einen authentischen Blick nach Tula ermöglicht zu haben und ebenso, dass Sie für dieses Herzensprojekt auch im nächsten Jahr weiter mit uns kämpfen – um die Welt dieser liebenswerten Geschöpfe in Tula auch 2024 Stück für Stück weiter zu verbessern.
Russland - 29. September bis 3. Oktober 2021
Unsere Ankunft in Moskau
Moskau ist eine groteske Welt. Wir stellten uns Moskau immer groß und prunkvoll vor, unterhielten uns darüber wie es wohl dort sein wird und wann wir in den nächsten Tagen, unseren ersten Straßenhund sehen werden.
Wir stiegen voller Vorfreude aus dem Flieger, holten unser Gepäck und trafen uns mit Greta in der Eingangshalle. Wir schnatterten kurz und machten uns dann auf den Weg, raus aus den Flughafen um mit dem Taxi zu unserem Hotel zu fahren.
Und da stand er – der erste Straßenhund.
Wir sind nur zwei Schritte aus dem Flughafen hinaus getreten und da sahen wir ihn. Wir waren geschockt! Konnten es nicht fassen, waren nicht darauf vorbereitet. Ja! Wir merkten sehr schnell, dass diese Stadt alles andere als ein schöner Ort für die Straßenhunde ist.
Er kam zu uns, total freundlich, leckte uns die Hände und freute sich über Streicheleinheiten. Greta hatte Leckerlis dabei, worüber er sich sehr freute. Die Taxifahrer erzählten uns, dass er seid ca. sechs Monaten dort auf der Straße lebt. Sie behandeln ihn gut und er hat sich mit ihnen angefreundet, sich den widrigen Lebensumständen angepasst und arrangiert sich mit den Fluggästen, die ihm immer mal Futter zustecken. Wir gaben ihm den Namen Alexej.
Wir verabschiedeten uns von ihm und fuhren mit dem Taxi in die prunkvolle Innenstadt hinein…
Geht mit uns zusammen auf die Reise in die Hölle und entdeckt mit uns das Licht!
Wir berichten hier über Leid, Angst, Hunger, Einsamkeit und Schmerz, aber auch über Hoffnung, Liebe, Zusammenhalt, Freundschaft und Frieden.
Wir sitzen vor den ersten Zeilen und überlegen, wie wir anfangen sollen, über die Moskaureise zu berichten. Wir fragen uns, was euch interessiert, was ihr verkraften könnt und was wir loswerden müssen, damit wir die Erfahrungen vielleicht irgendwann verarbeiten können.
Wir haben nicht blauäugig die Erfahrungsreise angetreten, wir wussten, es wird kein Urlaub und wir zweifelten schon vor Beginn der Reise, ob wir den „Rucksack an Erinnerungen“ überhaupt tragen können.
Wir wagten es trotz Zweifel, die uns kamen. Jetzt sitzen wir hier im Moskauer Hotelzimmer und möchten euch daran teilhaben lassen, was uns bewegt und antreibt, welche Schwierigkeiten die Tierschützer vor Ort haben und welches Leid hinter den Niemandshunden und Niemandskatzen steht.
Eine 5-stündige Autofahrt liegt vor uns, denn wir verlassen die Stadt Moskau für unseren Besuch bei Elena in Tula. Sie führt ein privates Tierheim in Tula, eine einsame Frau, die tagtäglich ihren Kampf für die verlassenen Tiere kämpft.
Elena setzt sich seit Jahren für die Tiere ein, 24 Stunden täglich, alleine ohne wirkliche Rückendeckung, ohne Hilfe.
Sie ist eine gebrochene Frau, die das Gute im Menschen nur noch schwer sehen kann und nur den Wenigsten vertraut. Am Anfang wirkt sie reserviert, sogar ein bisschen hart und vorsichtig, doch trotz der sprachlichen Barriere merken wir ganz schnell: wir sprechen eine Sprache und dafür braucht man keine Worte.
Elenas 130 Hunde und 140 Katzen leben ein teilweise trostloses Leben auf dem großen Grundstück. Es fehlt an Allem: in erster Linie sicherlich an finanziellen Mitteln und an Unterstützung in Form von Helfern, es fehlt an Zeit und an Material.
Schaut man diese zarte, ältere Frau beim Rundgang durch die Zwinger an, fragt man sich: wie schafft sie das ganz alleine? Ihr Tag beginnt mitten in der Nacht, bis alle Tiere versorgt sind, dauert es Stunden. Immer wieder kommen neue Tiere an, sie werden ihr gebracht, sie holt sie im Nirgendwo ab und manche Hunde und Katzen werden einfach über den Zaun geworfen. Niemandskatzen und Niemandshunde, teilweise mit einer Vergangenheit, die an Grausamkeit nicht zu überbieten ist. Elena nimmt sie alle auf, die Verstümmelten, die Vergewaltigten und die Misshandelten.
Elena hat Angst, erneut Opfer von Giftanschlägen zu werden, einige ihrer Schützlinge wurden auf ihrem eigenen Grund und Boden vergiftet.
Einige Hunde werden zum eigenen Schutz angebunden. Hunde die aus dem Grundstück flüchten würden, denn dann besteht die Gefahr, dass sie von Hundehassern (und das sind die Mehrheit) abgeschossen werden. Elena beherbergt auf ihrem Grundstück zusätzlich viele Katzen. Sie leben hintern Gittern, direkt neben den Hunden. Bei unserem Anblick klettern sie an den Gittern hoch, um auf sich aufmerksam zu machen. Genau wie die Hunde lefzen sie nach Zuneigung und nach Freiheit.
Elena nimmt uns mit in ihr kleines bescheidenes Haus, auch hier warten zahlreiche Vierbeiner, hoffen auf eine sanfte Hand und vermutlich auch auf ein ruhiges Plätzchen. Auch fährt Elena regelmäßig mit den Opfern von Gewalt und den Kranken zum Tierarzt, bezahlt von ihrem kleinen Einkommen als Landschaftsgärtnerin. Elena arbeitet noch nebenbei, nur um Geld und somit Futter für ihre hunderte Tiere zu bekommen. Für sie bleibt nichts, nur ein paar Energiedrinks, um sich wach zu halten und nicht zusammen zu brechen vor Müdigkeit und Erschöpfung.
Wir stellen uns vor, wie es hier in wenigen Wochen aussieht. Wenn der russische Schnee das Leben erfrieren lässt, wenn Nässe und Kälte sich über die Zwinger legt. Besonders die ganz jungen und alten Hunde und Katzen leiden unter den schwierigen Lebensbedingungen des langen Winters in Russland.
Zum Schluss laden wir Elena zum Essen in ein Restaurant ein. Die Verabschiedung von Elena und ihren Tieren ist sehr emotional. Sie schenkt uns selbstgemachten Honig, obwohl sie nichts besitzt, schenkt sie ihren Gästen Honig zum Abschied. Wir schenken ihr Schokolade aus Deutschland und die Versprechung ihr zu helfen und sie zu unterstützen. Sie lächelt und schöpft dankbar Hoffnung, bevor sie wieder zurück in ihren traurigen Alltag geht.
Wir werden sie wiedersehen, wir lassen sie und ihre Tiere nicht im Stich, wir werden sie unterstützen, das ist sicher, und das gibt ihr neuen Lebensmut.
Tula ist zum Herzensprojekt geworden!
Das größte staatliche Tierheim Moskaus
Ein öffentliches, staatlich geführtes Shelter mit 4000 Hunden und unzähligen Katzen. Gefangen von der Straße oder abgegeben von ihren Besitzern, weil sie nutzlos wurden.
Ohne Beziehungen bekommt ein Tourist die verzweifelten Seelen nicht zu Gesicht, deshalb sind wir froh, dass wir von Rita und Lisa begleitet wurden, schon alleine aufgrund der sprachlichen Barrieren.
Wir gingen hinein und sahen unzählige Reihen mit Zwingern, voll mit Hunden ohne Hoffnung, sie springen beim Vorbeigehen an den Gittern hoch, bellen, jaulen, nur um gesehen zu werden und vielleicht ein Streicheln über die Hundenase zu ergattern. Andere erstarren, bellen aus Angst, dass man ihnen zu nahe kommt, wieder andere stehen gar nicht erst auf, denn sie haben ihre Hoffnung aufgegeben, dass sich jemals die Türen öffnen würden und sie „der beste Freund des Menschen“ werden könnten.
Sie alle haben eins gemeinsam: sie wurden von uns Menschen verlassen und verletzt!
Der Kloß im Hals wird größer, man möchte fliehen, das ohrenbetäubende Gebell und der Geruch nach Ammoniak ist unerträglich. Und nur wer sich in sie hineinfühlen kann, der hört was sie uns sagen wollen. „Hol mich hier raus!“ rufen sie verzweifelt!
Wir bleiben, atmen tief durch, versuchen die Fassung zu behalten und gehen weiter durch die Zwingerreihen. Neben all dem Elend fällt eines positiv auf: die meisten Hunde sind trotz des Dauerstresses, dem sie ausgesetzt sind und ihrer teilweise jahrelangen Gefangenschaft, in einem guten Futterzustand. Der Staat bzw. die Stadt lässt die Hunde wenigstens nicht verhungern und verdursten, das war es allerdings schon für die Niemandshunde.
Die Weitervermittlung der Gefangenen im öffentlichen Shelter geht übrigens gegen Null: alles, was hier rein kommt, geht vermutlich nie wieder raus.
Wie durch einen Tunnel laufen wir durch die Zwingerreihen, unmöglich sich mit einem der tausenden Schicksale zu beschäftigen. Sie sind hier eine Nummer, nicht mehr und nicht weniger. Als Nummer werden sie irgendwann hier drin sterben, niemand wird ihnen einen Namen geben, niemand wird um sie trauern, wenn sie weg sind. Der Platz, an dem sie sterben, wird schnell wieder gefüllt werden, denn da draußen werden genau in diesem Moment Niemanshunde ihrer Freiheit beraubt.
Ein paar Hunde erhielten von uns einen Moment der Zuneigung, wir durften mit 3 Hunden von Rita’s Pfleglingen einen kleinen Spaziergang im Gelände machen. 15 Minuten und dann mussten sie leider zurück in ihren Zwinger, so sind die Regeln in diesem Tierheim. Aber sie freuten sich sehr über diese kurze Freizeit und Abwechslung. Die Leine kam dran, die Türen gingen auf und sie gaben Vollgas. Denn sie wussten, dass sie nicht viel Zeit hatten. Einer von ihnen wollte lieber unsichtbar sein und erstarrte und wäre am liebsten wieder zurück in seinen Zwinger.
Wir können jetzt alles viel besser verstehen. All diese Seelen haben ihre Vergangenheit und wir Menschen erwarten viel zu viel von ihnen.
Manche Familien die solch einer Fellnase aus dem Tierschutz ein Zuhause schenken, denken sich: der muss doch froh sein, dass wir ihn adoptiert haben, der muss am ersten Tag schon alle lieben, stubenrein sein und gut an der Leine laufen können. Aber wann, bitte wann soll er all das gelernt haben? In den 15 Minuten, in denen er mal raus darf alle 7 Tage? Menschen haben einfach zu wenig Verständnis und Geduld. Nicht alle, aber die meisten.
Wie oft muss ein Hund nach wenigen Tagen wieder weg, weil er nicht schnell genug auftaut, auf den teuren Teppich macht oder noch nicht in den nächsten Biergarten mit kann? Wir sind es leid, dass viel zu viel erwartet wird und einfach viel zu wenig Zeit und Geduld zur Eingewöhnung gegeben wird. Und es sollte jedem bewusst sein, dass wir da vielleicht von 4 Monaten reden und nicht von 4 Tagen – in den meisten Fällen.
All diese Hunde haben nur durch die Tierschützer die Chance ein Zuhause zu finden. Wir versuchen so viele Fotos und Videos zu machen wie es geht, dass auch wirklich jeder gesehen wird.
Heute ist der letzte Tag unserer Reise und wir besuchen Angelika‘s und Rita‘s Tierheim „Vita Shelter“.
Wir werden sehr herzlich empfangen. Angelika führt uns hinein und man erkennt sofort, dass es sich um ein kleineres Shelter handelt. Wir lernen die zwei Pfleger kennen, welche wirklich sehr freundlich und nett sind und ihre Arbeit sehr gründlich machen, denn alles ist wirklich sehr sauber und aufgeräumt.
Angelika hat den Fellnasen Würstchen mitgebracht, die wir bei dem Rundgang durchs Shelter verteilten. Es durften immer abwechselnd Hunde aus verschiedenen Zwingern in den Freilauf. Man merkte schnell, dass sich hier wirklich sehr gut um die Hunde gekümmert wird. Was uns auffiel ist, dass es dort viele ältere Hunde gibt, die ohne diese gute Betreuung und Unterkunft keine Chance auf Überleben hätten.
Zum Schluss wurden uns noch die Erkrankten und operierten Hunde gezeigt. Diese dürfen in aller Ruhe, im Warmen gesund werden.
Unser Augenmerk in diesem Shelter liegt hauptsächlich darin, Angelika und Rita durch Medizinkostenhilfe und Vermittlung zu unterstützen.